Teambuilding und Gruppendynamik

 Einleitung

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Teambuilding ist ein Oberbegriff für verschiedene Arten von Aktivitäten, die eingesetzt werden, um soziale Beziehungen zu verbessern und Rollen innerhalb eines Teams zu definieren, wobei häufig Aufgaben der Zusammenarbeit eingebunden werden.

Gruppendynamik ist ein System von Verhalten und psychologischen Prozessen, welches in einer sozialen Gruppe auftritt (Intragruppendynamik) oder zwischen sozialen Gruppen (Intergruppendynamik)

Die Kombination aus Teambuilding-Aktivitäten und der Theorie von gruppendynamischen Prozessen verbessert die Effektivität von Teams, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen.
Die einflussreiche Theorie der Gruppendynamik wurde von Dr. Bruce Tuckman 1965 veröffentlicht. Dieses Modell besteht aus 4 Phasen: Forming (Kontakt), Storming (Konflikt), Norming (Kontrakt), Performing (Kooperation).

Er fügte eine fünfte Phase, die Auflösungsphase (Adjourning) 1970 hinzu. Die Forming, Storming, Norming, Performing Theorie ist eine elegante und hilfreiche Erklärung von Teamentwicklung und Verhalten. Ähnlichkeiten können zu anderen Modellen entdeckt werden, wie das Modell des Führungskontinuums von Tannenbaum und Schmidt und vor allem das zeitgleich entwickelte situative Führungsmodell von Hersey und Blanchard.

Tuckmans Modell erklärt, dass sich Beziehungen etablieren, wenn das Team Reife und Fähigkeiten entwickelt und die Führungskraft daraufhin den Führungsstil verändert. Es beginnt mit einem vorschreibenden Stil, dann bewegt es sich in Richtung Coaching, dann kommt es zur aktiven Teilnahme und endet mit dem fast völlig losgelösten Delegieren. An diesem Punkt kann das Team eine neue Führungsperson hervorbringen und die einstige Leitung kann ein neues Team aufbauen.

Forming (Kontakt) – Phase 1

Starke Abhängigkeit zur Führungsperson, auf der Suche nach Leitung und Richtungsweisung. Wenig Zustimmung für Ziele des Teams, die nicht von der Leitung ausgehen. Individuelle Rollen und Verantwortungsbereiche sind unklar. Die Führungsperson muss darauf vorbereitet sein, viele Fragen über die Aufgabenbereiche, Ziele und externe Beziehungen des Teams zu beantworten. Prozesse werden häufig ignoriert. Die Teilnehmenden testen die Toleranz des Systems und der Führungsperson. Die Führungsperson gibt Anleitungen vor.

Storming (Konflikt) – Phase 2

Entscheidungen innerhalb einer Gruppe sind nicht einfach zu treffen. Die Mitglieder konkurrieren um Positionen, da sie versuchen sich selbst in Beziehung zu anderen Teammitgliedern zu etablieren und die Führungsperson steht vielleicht Herausforderungen mit einigen Teammitgliedern gegenüber. Die Klarheit über den Aufgabenbereich steigt, aber es bleibt eine Vielzahl von Unsicherheiten. Es bilden sich Grüppchen und Fraktionen und es könnte zu Machtkämpfen kommen. Das Team muss auf das gemeinsame Ziel gerichtet werden, dazu gilt es zu verhindern, dass es sich durch einzelne Beziehungen und emotionale Hintergründe aufsplittert. Kompromisse müssen eventuell ausgehandelt werden, um den Prozess in Gang zu bringen.

Norming (Kontrakt) – Phase 3

Zustimmung und Konsens breiten sich im Team aus, was die Arbeit der Führungsperson erleichtert. Rollen und Verantwortlichkeiten sind klar und akzeptiert. Große Entscheidungen werden unter Zustimmung der gesamten Gruppe beschlossen. Kleinere Entscheidungen werden einzelnen Personen oder kleineren Teams innerhalb der Gruppe überlassen. Gleichheit und Einigkeit sind stark ausgeprägt. Das Team findet eventuell durch Humor und soziale Aktivitäten enger zusammen. Das Team diskutiert und entwickelt seinen Prozess und Arbeitsstil. Es herrscht ein allgemeiner Respekt gegenüber der Führungsperson und teile der Führung werden vom gesamten Team übernommen. Die Führungsperson ernennt einzelne Entscheidungsträger und gibt Teile der Verantwortung ab. (ähnlich der Phase „Teilnahme“ (Participating) im situativen Führungsmodell von Hersey und Blanchard).

Performing (Kooperation) – Phase 4

Das Team ist sich zunehmend der Strategie bewusst; es weiß genau was gemacht werden muss und warum. Das Team teilt eine Vision und kann auch eigenen Beinen stehen, ohne Eingreifen oder Teilnahme der Führungsperson. Es gibt einen Fokus auf übergeordnete Ziele und das Team trifft die meisten Entscheidungen eigenständig. Das Team hat einen hohen Grad an Autonomie. Wenn Unstimmigkeiten auftreten, können diese innerhalb des Teams gelöst werden. Auch notwendige Änderungen im Prozess und in der Struktur werden gehen vom Team aus. Das Team kann im Sinne der Ziele arbeiten und Beziehungen pflegen. Die Teammitglieder passen aufeinander auf. Das Team bittet die Führungsperson um neue Aufgabenbereiche und Projekte. Das team muss nicht angeleitet oder assistiert werden. Einige Teammitglieder bitten möglicherweise um Hilfe von der Leitung, bezüglich der Personalentwicklung. Die Führungsperson delegiert und hat den Überblick.

Ein ähnliches und ebenso nützliches Modell wurde von Gerald Corey entwickelt.

Demnach muss eine Gruppe, bevor sie ein intensives Niveau der Zusammenarbeit erreichen kann, folgende Phasen erfahren:
(Pre-Gruppen Themen: Formierung der Gruppe)

  1. Anfangsphase: Orientierung & Entdeckung
  2. Übergangsphase: Umgang mit Widerständen
  3. Arbeitsphase: Zusammenhalt und Produktivität
  4. Finale Phase: Konsolidierung und Finalisierung

(Post-Gruppen Themen – Evaluierung & Folgeprozesse)

Anfangsphase – Orientierung und Entdeckung: In dieser Phase ist der Zusammenhalt der Gruppe gefragt, um von Beginn an ein Umfeld von Vertrauen mit expliziten und impliziten Regeln zu etablieren. „Damit eine Gruppe die Arbeitsphase erreichen kann, ist es wichtig, dass die Mitglieder sich dazu einigen, Hürden anzugehen, die den Gruppenprozess im Wege stehen.“

  • Zentrale Aufgabe – Vertrauen aufbauen
  • Führungsperson – etabliert Struktur und ein Modell von Vertrauen
  • Mitglieder – Entwickeln Vertrauen, indem die Führungsperson mit den Befürchtungen und Zweifeln der Gruppe adäquat umgeht
    aufkommende Widerstände – es ist wichtig allen Ängsten Raum geben zu können

Übergangsphase: Diese Phase handelt vom Erkennen der Probleme in der Gruppe, wie Konflikte, Ängste, Zurückhaltung, Herausforderungen oder Konflikte mit der Führungsperson

Zentrale Aufgabe – Zusammenhalt
Die Führungsperson gibt den Mitgliedern die Möglichkeit laut zu sagen, was sie denken und erkennt, was in der Gruppe vor sich geht.

Um das Vertrauen in der Gruppe aufzubauen, müssen zwei Vertrauensniveaus erfahren werden:

  • Starke Vertrauenseigenschaften: teilnehmen, beteiligen, Risiko übernehmen, Gefühle ausdrücken, andere unterstützen und herausfordern
  • Schwache Vertrauenseigenschaften: ausklinken, unpünktlich sein (spät kommen/früh gehen/Meetings verpassen), Angst sich auszudrücken, still; Fokus auf andere setzen, fordernd gegenüber der Führungsperson, Vermeidungsstrategie wählen, Grüppchen bilden

In dieser Phase ist das widerwillige und defensive Verhalten eine normale Art der Interaktion. Mitglieder in der Gruppe versuchen, sich vor Angst und vor dem Risiko, auf andere Mitglieder zu vertrauen, zu schützen. Die Mitglieder sind vorsichtig.

Arbeitsphase: Zeichnet sich aus durch die Bereitschaft der Mitglieder, wichtige Aufgaben zu bearbeiten. Einsatz von zentralen Arbeitsgruppen, im Gegensatz zu den ersten beiden Phasen sind weniger Vermittlungen nötig. Die Führungsperson leitet die Aktivitäten und konzentriert sich dabei stärker auf die Inhalte, als auf die Mediation (nur im Konfliktfall). Die Mitglieder werden zwar keine stellvertretenden Führungspersonen, aber sie zeigen mehr Initiative. Nicht alle Mitglieder arbeiten auf dem selben Level, da sie nicht alle die gleichen Rollen ausfüllen können.

Kernthemen:

  • Enthüllung versus Anonymität
  • Ehrlichkeit versus Oberflächlichkeit
  • Spontanität versus Kontrolle
  • Akzeptanz versus Ablehnung
  • Zusammenhalt versus Zerstückelung

Aufgrund der Bereitschaft der Mitglieder wichtige Probleme anzugehen, die auftreten und wegen deren Aufmerksamkeit gegenüber Gruppendynamiken, muss die Führungsperson weniger Struktur vorgeben und weniger vermittelnd auftreten, als in den ersten Phasen. Ein stärkerer Zusammenhalt bei steigender Selbst-Offenbarung, Feedback annehmen und geben und Diskussionen über aktuelle Interaktionen und Konfrontationen treiben Aktionen voran.

Es ist wichtig, dass die Mitglieder Einigkeit über die Begegnung und die Arbeit mit Hürden zeigen, die den Gruppenprozess behindern könnten. Nicht alle Gruppen erreichen eine Arbeitsphase, wenn sich nicht genug Vertrauen zwischen ihnen aufbaut, kann es vorkommen, dass Gruppen in der Übergangsphase stecken bleiben.

Finale Phase: Eigenschaften –Traurigkeit, Verlustangst und Angst Erfahrenes anzuwenden, Evaluation von Gruppenerfahrungen, Plan für weitere, aufbauende Prozesse.

Die Führungsperson stellt eine Struktur bereit, die den Mitgliedern hilft sich der Bedeutung der Gruppenerfahrung klar zu werden und die gelernte Gruppenerfahrung für die Anwendung im täglichen Leben zu verallgemeinern.

Die Hauptaufgabe, mit der die Mitglieder umgehen müssen, wenn eine Gruppe wieder getrennt wird, ist die Festigung des Gelernten und die Umsetzung in der Außenwelt:

  • Umgehen mit dem Gefühl von Ende und Verlust
  • Vorbereitung zur Verallgemeinerung des Gelernten für die Anwendung im täglichen Leben
  • Unerledigte Aufgaben zu einem Ende bringen
  • Pläne für die Zukunft schmieden

 Übung

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Titel: Alle an Bord

Ziel: Diese Aktivität ist ein Spiel im Team, das dabei helfen kann neue Mitglieder in eine Gruppe zu integrieren und Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.

Inhalt: Ein “Boot” muss auf dem Boden mit einigen Holzstäben, Stricken, Stoffen oder anderen verfügbaren Materialien aufgebaut bzw. improvisiert werden. Wenn das Boot auf dem Boden geformt ist und sich alle Mitglieder im Boot befinden, beginnt der Spielleiter damit, Teile des Botes wegzunehmen und so das Boot immer kleiner zu machen. Nach jedem Teil, dass entfernt wird, muss das Team einen Weg finden sich im kleiner gewordenen Boot neu zu ordnen. Wenn nur ein Mitglied einen Schritt außerhalb des Bootes macht, ist das Spiel vorbei.

Ziel ist es, alle Mitglieder im immer kleiner werdenden Boot zu halten, bis der Spielleiter entscheidet, dass das Spiel vorbei ist. Man kann auch Spieler, die aus dem Boot fallen aus dem Spiel nehmen und eine bestimmte Anzahl im Boot zum Spielende deklarieren, drei oder vier Personen.

Am Ende des Spiels sprechen die Mitglieder mit dem Spielleiter darüber, wie sie sich während des Spiels gefühlt haben, ob sie Unterstützung der anderen erfuhren oder nicht. Dabei ist es wichtig alle Stimmen anzuhören.

Material: Stöcke, Papier, Strick, Stoffe oder andere Materialien und ein Boot zu bauen.

 Fallstudien

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Die “Big Bang Schule” war eine Schule, wo das Lehrerkollegium und die Verwaltung nicht in der Lage waren, zusammen zu arbeiten. Dies stellte eine große Herausforderung dar. Unabhängig von Alter und Erfahrung waren die meisten Lehrer neu im Prozess von Teamarbeit und gemeinsame Gruppenentscheidungen fällen. Trotz eines Planungsjahres, war es ein chaotisches Eröffnungsjahr. Der Direktor erkannte, dass etwas getan werden musste, damit das Personal das gestörte Kommunikationsverhalten überwindet, welchem ein Gefühl von Hilflosigkeit und Angst zu Grunde lag. Es gab kleine Arbeitsgruppen, dennoch wurde keine gegenseitige Vertrauensbeziehung aufgebaut und das Team kannte einander kaum.

Der Direktor suchte einen Weg, eine effektive Kommunikation zwischen dem Personal aufzubauen, um zu zeigen, dass die emotionale Sicherheit der Schüler/-innen ausschlaggebend für das Lernen ist, ebenso wie die Entwicklung positiver Arbeitsbeziehungen innerhalb der Lehrer/-innenschaft sowie zwischen Lehrer/-innen und Schüler/-innen ausschlaggebend für eine Kultur gegenseitigen Vertrauens und Respekt ist.
Um die Situation zu verbessern und Vertrauen aufzubauen, teilte der Direktor das Personal in kleine, dynamische Gruppen ein, die sich wöchentlich trafen.

Der neue Ansatz war auf drei Jahre angelegt, schon im ersten Jahr bemerkte der Direktor eine Veränderung. Als sich die Gruppenmitglieder bereit fühlten, ihre Themen und Anliegen auf den Tisch zu legen, wo sie diskutiert werden konnten, war es ihnen möglich eine gemeinsame Schulvision aufzubauen. Die Schüler/-innen profitierten von dem positiveren Umfeld, das allen dabei half in eine gemeinsame Richtung zu steuern.

Dieser Ansatz wurde intensiv und mit großem Erfolg verfolgt, da die praktische Erfahrung des Prozesses die Theorie stärkte und eine effektive Lernreise in Gang setzte.

Fragen zur Reflexion:

  • Was war das Grundproblem, dem die Schule zu Beginn gegenüberstand?
  • Wie wurde das Problem angegangen?
  • Kann die Entwicklung in der Schule als Resultat von Gruppendynamik betrachtet werden?
  • Könnte dies in Ihrer (Vor)Schule auch Thema sein?
  • Haben sie die Möglichkeiten auf ähnliche Art zu handeln?
  • Können bei Ihnen Gruppeneinheiten organisiert werden?
  • Könnte dies die Beziehung zwischen den Kolleg_innen verbessern?