Mobbing

 Einleitung

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Obwohl heutzutage fast jeder eine eigene Vorstellung vom Begriff “Mobbing” hat und sich der Relevanz und möglichen Folgen bewusst ist, ist das Thema relativ neu.

Ursprünglich wurde es vom Zoologen und medizinischen Nobelpreisträger Konrad Lorenz benutzt, um das Verhalten einer Tiergruppe zu beschreiben, die ein einzelnes Tier angreifen, meist aufgrund von Nahrungsrivalität. Erst in den 1990´ern begannen schwedische Mediziner das Wort Mobbing zu benutzen, um regelmäßige Feindseligkeiten unter Kindern und Kolleg/-innen zu beschreiben. Einige ihrer Patienten zeigten schwere physische und psychische Schäden, nachdem sie beleidigt und als einzelnes Opfer über einen Zeitraum von mindestens einmal wöchentlich in sechs Monaten von einer Gruppe gedemütigt wurden.

Dennoch gibt es noch immer keine einheitliche Definition von Mobbing, doch das U.S. Department of Health & Human Services (US Amt für Gesundheit und Soziales) beschreibt Mobbing wie folgt: „Mobbing ist ein ungewollt aggressives Verhalten unter Schulkindern, dem ein reales oder erzeugtes Ungleichgewicht von Macht zu Grunde liegt. Das Verhalten wird wiederholt oder hat das Potential über längere Zeit wiederholt zu werden. Sowohl die Kinder, die Mobbing betreiben, als auch die die gemobbt werden, haben ernsthafte und dauerhafte Probleme. Betrachtet man Mobbing genauer, stellt man immer ein aggressives Verhalten fest, welches ungleiche Machtverhältnisse beinhaltet: Mobber benutzen ihre Macht – wie physische Stärke, Zugang zu demütigenden Informationen oder Popularität – um andere zu kontrollieren, oder zu schaden. Das ungleiche Machtverhältnis kann sich mit der Zeit und in unterschiedlichen Situationen verschieben, selbst wenn dieselben Personen involviert sind. Mobbing beinhaltet Aktionen, wie Aussprache von Drohungen, Gerüchte verbreiten, jemanden physisch oder verbal angreifen und jemanden mit Absicht von einer Gruppe ausschließen.“

Mobbing hat Auswirkungen auf alle, sowohl auf die Opfer, als auch auf die Täter sowie auf die Zeugen von Mobbing. Die Frage „Wenn mich eine Person attackiert und eine Gruppe dabei zuschaut, wie viele mobben mich dann?“ bleibt unbeantwortet. Um die Relevanz von Mobbing zu unterstreichen, muss das Vorkommen von Mobbing mit einbezogen werden: nach einer Statistik der WHO – Weltgesundheitsorganisation haben 42% Jungen und 37% Mädchen aus 40 Ländern bereits Erfahrungen mit Mobbing gemacht.

Zumeist findet Mobbing am Arbeitsplatz oder in Schulen statt. Die Gründe für Mobbing an Schulen sind mannigfach. Ein wichtiger Faktor ist das befriedigende Gefühl von Macht. Kinder die mobben genießen das dominante Gefühl von Macht, weshalb Mobbing mit positiven Gefühlen besetzt ist. Außerdem wird es als Ventil für Aggressionen benutzt, welche durch schulische Probleme, aber auch durch private Schwierigkeiten mit der Familie, im Liebesleben oder in anderen Bereichen entstehen können. Vor allem an Schulen fällt auf, dass ein hohes Niveau an Wettbewerb und Konkurrenz eine Versagensangst hervorrufen kann, welche durch Mobbing kompensiert wird. Um Aggressionen oder Versagensängste raus zu lassen, ist das perfekte Opfer eine Person, die keinen Widerstand zeigt. Anstelle sich der Erfahrung hinzugeben, in der Schule zu versagen, kann der Mobber das Gefühl eines Gewinners genießen. Oftmals haben Menschen, die mobben sogar früher Erfahrungen als Opfer von Mobbing gemacht. In diesem Falle transformiert Mobbing das frühere Gefühl von Hilflosigkeit zu einem Gefühl von Macht.

Mobbing geschieht auf unterschiedliche Weise und kann zusammenfassend in verschiedene Arten von Mobbing unterteilt werden:

Physisches Mobbing
Verbales Mobbing
Soziales Mobbing
Cyber Mobbing

  • Physisches Mobbing beinhaltet alle physischen Attacken gegen ein Opfer, wie schlagen, treten, Schubsen, Kneifen, ein Bein stellen oder Eigentum zerstören.
  • Verbales Mobbing beinhaltet hänseln, beschimpfen, einschüchtern, beleidigen, homophobische, sexistische oder rassistische Ausrufe oder sonstige Pöbelei.
  • Soziales Mobbing ist schwieriger festzustellen und kann hinter dem Rücken des Opfers geschehen. Dabei wird der soziale Ruf des Opfers geschädigt und/oder das Opfer gedemütigt.
  • Cyber Mobbing ist Mobbing via digitale Technologien, einschließlich Hardware, wie Computer, Smartphones und andere Endgeräte sowie Software, wie soziale Netzwerke, Chatrooms, Texte, Webseiten und andere Online Plattformen. Im besonderen Fall von Cyber Mobbing können Fotos und Texte, die den Ruf einer Person schaden in kurzer Zeit endlos vervielfacht und für lange Zeit gespeichert werden.

Die Auswirkungen von Mobbing bewegen sich innerhalb von zwei Extremen: Opfer, die so stark und selbstbewusst sind, dass sie sich selbst vor physischen und/oder psychischen Schäden schützen können und eine Distanz zum Akt des Mobbens an sich aufbauen können und Opfer, die in Depressionen fallen, bis hin zu Selbstmorden aufgrund von Mobbing.

Die meisten Opfer bewegen sich zwischen diesen beiden Polen. Häufig bewirkt Mobbing kurzzeitige oder langwierige physische und/oder psychische Schäden.

Jedoch waren es die zahlreichen Todesfälle, welche mit Mobbing in Verbindung gebracht wurden, die dazu führten, dass weltweit legislative Initiativen ins Leben gerufen wurden. Um Mobbing und ähnliches Verhalten zu verhindern, rät die Weltgesundheitsorganisation und die wissenschaftliche Literatur präventive Maßnahmen zur Aufklärung der Öffentlichkeit zu ergreifen, die auf die Gefahren und die Eigenschaften von Mobbing aufmerksam machen. Dabei muss gesagt werden, dass dies in Vorschulen kaum umgesetzt wird, da Kinder in diesem Umfeld meist noch stark geschützt sind. Werden Fälle von Mobbing bemerkt, ist meist genug Spielraum um direkt einzugreifen und größere Schäden zu verhindern.

 Übung

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Ziele der folgenden Aktivitäten:

Vorurteile und Missverständnisse ansprechen, die Menschen gegenüber Vielfalt haben.

Anders sein aber Gemeinsamkeiten haben

Die Kinder bilden einen Kreis und jede Person, die mit den folgenden Aussagen übereinstimmt, macht einen Schritt in den Kreis, geht jedoch für die nächste Aussage wieder an den Ausgangspunkt zurück. Wer nicht mit der Aussage übereinstimmt, bleibt stehen. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Kindern bleiben dabei unkommentiert. Folgende Aussagen können vorgelesen werden, können jedoch je nach Umfeld angepasst und erweitert werden:

  • Ich bin älter als 6
  • Ich komme mit dem Bus oder der Bahn zur Schule
  • Mathe ist mein Lieblingsfach in der Schule
  • Ich esse kein Fleisch
  • Ich hasse es vor 6 Uhr morgens aufstehen zu müssen
  • Ich schaue gerne Castingshows
  • Ich habe Brüder und/oder Schwestern
  • Wir bekommen zu viele Hausaufgaben auf
  • Ich fühle mich wohl mit meiner Gruppe/Klasse
  • Ich habe gute Freunde in meiner Klasse
  • Die Stimmung in unserer Klasse ist gut
  • Ich habe schon einmal ein Gerücht verbreitet
  • Ich habe schon einmal einen Klassenkammeraden beleidigt
  • Ich wurde schon einmal von meinen Klassenkammeraden ausgelacht
  • Ich hatte schon einmal einen Streit mit anderen Personen der Schule
  • Ich habe schon einmal beobachtet, wie jemand anderes gemobbt wurde
  • Ich kann genau erklären, was Mobbing ist

Die Technik kann von einer offiziellen Definition von Mobbing oder von einem kurzen Film gefolgt werden, wobei die Antworten der Kinder im Hinterkopf sind, aber nicht kommentiert werden (es sei denn, jemand möchte es kommentieren). Dabei werden die Kinder mehr über die Gefahren lernen, welche von Mobbing ausgehen, selbst wenn die Antworten nicht kommentiert werden.

Indianer trifft Cowboy

Bitten Sie die Kinder sich zu setzen und aufmerksam folgender Geschichte zu folgen:
„Ein Cowboy zieht durch die Steppe und sucht nach einem verlorenen Kalb. Plötzlich trifft er auf einen Indianer. Beide bleiben verwundert stehen und schauen sich gegenseitig von oben bis unten an, bis der Indianer schließlich mit einem Finger auf den Cowboy zeigt. Der Cowboy erwidert die Geste schnell, wobei er mit zwei Fingern auf den Indianer zeigt. Niemand sagt ein Wort. Sie würden einander sowieso nicht verstehen. Dann erhebt der Indianer seine Hände und formt ein Dreieck. Der Cowboy wartet nur einen Moment und Antwortet mit seiner linken Hand, die er wie eine Welle schnell in Richtung Indianer bewegt. Verwirrt wartet der Indianer kurz, dreht sich um und verschwindet in der Steppe, still und leise, wie er gekommen ist.

Am Abend, nachdem er sein Kalb gefunden hat, kommt der Cowboy nach Hause und spricht mit seiner Frau: „Heute ist mir ein verrückter Indianer begegnet. Plötzlich stand er vor mir, zeigt mit dem Finger auf mich und will mich erschießen. Ich strecke ihm zwei Finger entgegen und sage damit: Wenn du mich erschießen willst, erschieße ich dich gleich zweimal. Dann wird der Indianer frech und sagt, ich solle besser nach Hause gehen. Dann habe ich ihm gezeigt, wer hier der Stärkere ist und gesagt, dass er isch besser aus dem Staub machen soll, sonst wird er schon sehen was passiert! Du hättest sehen sollen wie schnell er verschwand, als ob die Erde ihn verschluckt hätte!“
Zur etwa selben Zeit geht der Indianer zu seinem Zelt, sucht seine Frau und sagt ihr: „Heute habe ich einen wirklich verrückten Cowboy getroffen. Ich fragte ihn, wie er heiße und er antwortete „Ziege“! Dann fragte ich ihn „Bergziege?“ und er antwortet doch tatsächlich „Nein, nicht Bergziege, Flussziege.“ Dann sagte ich mir, diesem Cowboy sitzt eine Nuss locker und ich mache mich besser schnell und leise davon…“
Die Geschichte macht deutlich, dass Missverständnisse und misslungene Kommunikation zu unterschiedlichen Sichtweisen führen kann. Vor allem wenn die Personen sehr unterschiedlich geprägt sind. Ein Thema, was hier tiefer behandelt werden kann.

Hammer-Geschichte

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er “Guten Tag” sagen kann, schreit ihn unser Mann an: “Behalten Sie Ihren Hammer”.

(aus P. Watzlawick: Anleitung zum unglücklich sein, München 1983)

Warme Dusche

Eine Person sitzt auf einem Stuhl und bekommt eine „warme Dusche“ von allen anderen Kindern der Gruppe. Jedes Kind kommt vor den Stuhl und sagt etwas Nettes zu der Person, wie „Ich mag dein T-Shirt“, oder „Du hast mir einmal geholfen, als ich Hilfe brauchte“. Dann wird gewechselt, bis jeder einmal auf dem Stuhl saß.

Wolfsprache und Giraffensprache

Die Giraffe hat ein großes Herz, weil das Blut den ganzen langen Hals hinauf in den Kopf gepumpt werden muss. Deshalb symbolisiert die Giraffe Liebe, Wärme und Großzügigkeit. Der Wolf symbolisiert raue Umgangsformen und ein rüpelhaftes Benehmen. Der Lehrer benennt nun unterschiedliche Situationen, wie “Du hast deinen Stift vergessen und fragst deinen Banknachbar”, dann sollen die Kinder diese Frage auf Wolfsprache und Giraffensprache stellen. So bekommen sie ein Gefühl für ein freundliches Miteinander.

Anmerkung
Es gibt noch mehr kleine Übungen und Filme zum Thema Mobbing, ein Thema was vor allem dann regelmäßig besprochen werden sollte, wenn Fälle wiederkehrend beobachtet werden. Doch auch wenn Mobbing noch kein Thema bei den Kindern ist können alle Aktionen, die hier vorgeschlagen werden als präventive Maßnahmen betrachtet werden, um Kinder über Themen wie Mobbing und Vorurteile aufzuklären.

 Fallstudien

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Casper ist ein siebenjähriges Kind, welches von seinen Mitschüler/-innen bewundert wird. Er hat eine starke Persönlichkeit und keine Probleme seine Meinung zu vertreten. Eines Tages kontaktiert ein Kollege den Lehrer von Caspar, da er Caspar und andere Kinder gesehen hat, wie sie ein Mädchen aufziehen, die alte Kleidung trägt. Als der Kollege einschritt, haben Caspar und seine Freunde sofort aufgehört sich über das Mädchen lustig zu machen. Als der Kollege nachfragte, was los sei, antwortete das Mädchen nur, dass sie zusammen gespielt haben und es keine Probleme gäbe.

Fragen zur Reflexion

  1. Anstelle des Lehrers, was würden Sie machen und warum?
  2. Anstelle der Kollegen des Lehrers, was würden sie machen und warum? Welchen Ratschlag würden Sie geben?
  3. Stellen Sie sich vor, Sie seien ein externer Berater im Arbeitsumfeld von Lehrern (ein Arzt oder ein Abgeordneter der Kommune) was würden Sie tun und warum? Welche Ratschläge würden sie dem Lehrer zur Unterstützung geben?